Käse-Blog

Die Schweiz
Teil 1

Die Begegnungen mit den Käsern und sie in ihrem Element zu erleben, ist immer wieder auf ein Neues spannend. Jeder verarbeitet ein Grundprodukt, die Milch, und bringt einen ganz anderen Käse hervor. Die Arbeitsschritte sind oft identisch und doch sind es so viele Faktoren, die unbemerkt einfließen damit etwas ganz Eigenes hervortritt.

In der Schweiz bin ich Käseproduzenten auf einer Senne, in Dorfmolkereien und Affineuren in größeren Reifelagern begegnet.
Alle samt haben ihre eigene Philosophie und Geschichte, dennoch merkt man spätestens vor Ort wenn man die Produkte probiert und sie über ihre Arbeit sprechen, wofür sie einstehen.

Tony Müller von der Käse Thurgau AG, anzufinden im beschaulichen Dorf Hagenwil im Kanton Thurgau, nicht weit vom Bodensee, öffnete die Türen zu seinen Reiferäumen und lies bei einem Apérol seine Produkte verkosten.
In seinen Erläuterungen über die Ideologie der Schweizer Käsekultur wurde mir schnell bewusst, dass hier Natur,  Tierhaltung, Handwerk, Traditionen und schlussendlich die Menschen die ihren Beruf im Milchhandwerk ausüben, mit allem sehr stark im Einklang sind.

Heumilchfütterung steht an der Tagesordnung, vielmals natürliche Bedingungen für die Reifung der Käse, Einhaltung der Jahreszeiten für die Produktion und ein altes Handwerk das gepflegt und an die nächsten Generationen weitergegeben wird, damit ein Kulturerbe Beständigkeit haben kann.

Am Seealpsee am Alpstein wird an 100 Tagen im Sommer fleißig gekäst. Daniela und Hans Gmünder betreiben eine kleine Käserei, ein eigenes Idyll das seit 1995 in der Hand von Hans Gmünder liegt. Zusammen produziert das Paar rund sieben Sorten Käse im ursprünglichen Handwerk. Überwiegend werden die Käse „Mutschli“ benannt, was nichts anderes bedeutet als „kleiner Käselaib“ (500-600g). Die frische Milche die täglich am Hof verarbeitet wird, beziehen sie von den sechs umliegenden Höfen einschließlich von Ihren eigenen Kühen und Ziegen. Gereift und gelagert werden die Käse in einem speziellem Reifekeller des kleinem Wohnhauses.
Die Ruhe die auf 1141 Meter herrscht, die gewaltigen Berge um einen herum und der Blick auf den See ließen mich wiedermal ehrfürchtig werden, vor dem was die Natur uns schenkt und wie wir sie positiv nutzen können.
Ein wirklich schöner Ort, der einen zu etwas Ursprünglichen zurück bringt, auch wenn es nur für eine Brotzeit in einer der Gasthäuser ist.

Berggasthaus Forelle

Berggasthaus Seealpsee

 

Die Schweiz
Teil 2

Die Milch für den Appenzeller Käse kommt aus den Appenzeller Bergen und wird in Dorfkäsereien in das Traditionsprodukt umgewandelt.
Jeder Laib erhält seinen eigenen Qualitätspass, eine kreisförmige Schablone die mit fortlaufender Produktnummer, Herstellungsdatum und Produktionsdatum versehen ist.
Das Besondere am Appenzeller ist die Verfeinerung der Laibe mit einer Kräutersulz, deren Rezept nicht veröffentlich wird, sondern  seit  Jahrhunderten von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. Diese Sulz verleiht dem Appenzeller seinen einmaligen Geschmack.
Einen beachtlichen Eindruck gewinnt man in der  Schaukäserei in Stein. Hier kann man jeden Schritt der Produktion beobachten. Mit individuellen Führungen lässt sich da einiges erleben.

 

Bratkäse – ein Begriff der nicht so geläufig, aber ein Produkt das schon seit über 800 Jahren in der Zentralschweiz bekannt ist. Bekannt ist ein ähnliches Produkt, der Raclettekäse.

Louis Seiler fing vor 90 Jahren an Bratkäse in seiner Sennerei nahe Sanern zu entwickeln.
Ursprünglich wurde der kleine Laib von Alpsennen über offenen Feuer erhitzt, abgeschabt und zu Kartoffeln oder Brot gereicht. Sein Sohn Alois brachte weitere Sorten unter dem Namen Seiler auf den Markt.
Heute kümmern sich Käsespezialisten um die Herstellung, Reifung, inklusive Firmenleitung und führen die Tradition der Familie Seiler weiter.
Jeder der Käselaibe wird höhlengereift. Ein altes Militärlager wurde zur Reifehöhle für über 90000 Rohlinge ausgebaut, mitten im Giswilerstock lagern überwiegend Raclettekäse, manchmal sogar bis zu 12 Monate.
Geschäftsleiter Felix Schibli verwiess auf die natürlichen Bedingungen im Berg, die den Ansprüchen der Käse zum Ausreifen mehr als entgegen kommen.
Die Höhlen bieten die optimalen Voraussetzungen, konstante Kühle und Luftfeuchtigkeit, damit beste Ware geliefert werden kann. Nicht umsonst wurden die Produkte mehrfach mit dem Swiss Cheese Award ausgezeichnet, was bei der anschließenden Verkostung mehr als schmeckbar war.

Für die Öffentlichkeit ist das Reifelager nicht besuchbar. Dennoch ist Sanern mit dem Sarnersee eine Reise wert.

 

 

 

Sarnersee

Fort des Rousses

Ein Dorf auf 1150 Metern Höhe im französischen Jura, eine Hauptstraße und ein kleines, leicht zu übersehendes Schild verweisen auf das altehrwürdige „Fort des Rousses“ von 1845. Von außen erweckt es noch immer das Bild einer trutzigen, steinernen Militäranlage. Der Eindruck täuscht: Im Herzen weht ein ganz anderer, feiner Geist: 1997 wurde das Fort in einen Reifekeller für Käse verwandelt. Auf 50.000 Metern im Quadrat lagern nun mehr als 100.000 Laibe Comté, Morbier, Vacherin Mont-d’Or und Bleu de Gex. Selbst inmitten dieses Käsetraums stehend übersteigen solche Dimensionen das Vorstellungsvermögen. Im Labyrinth der schier unendlichen Käseregale schimmert ein eigenartig goldgelbes Licht, das sich auf den nassen Böden wiederspiegelt und eine Ehrfurcht gebietende Stimmung im Steingewölbe verbreitet. Was hier bewerkstelligt wird, ist atemberaubend.

Die Tradition seines Großvaters, der bereits vor 100 Jahren damit begann, den Käse der umliegenden Käsereien aufzukaufen und auszureifen, setzt der Kellermeister Charles Arnaud unbeirrt fort. „Le directeur“ ist für mich der Inbegriff eines erfahrenen Affineurs: Strahlende Augen und ein zufriedenes Lächeln beim Betrachten seiner Produkte, die er mit gewählten Worten beschreibt, spiegeln seine Meisterschaft. Welche Leistung hier von jedem einzelnen Mitwirkenden erbracht wird, hört man jedem seiner Worte an.

Fragt man Monsieur Arnaud, wonach er entscheidet, welcher Käse in welchem der insgesamt 100 Kellerabschnitte zum Ausreifen kommt, erhält man keine pauschale Antwort, eher eine Ahnung davon, mit welcher Intuition er an sein Handwerk geht. Er fühlt, hört, riecht und schmeckt es. Jeder einzelne Laib zeigt ihm, was er in diesem Moment gerade persönlich benötigt und so kommt es, dass keiner dieser Käse jemals eins zu eins wie der andere schmeckt. Das Gewölbe birgt genügend CO2, ausreichend Konzentration an Ammoniak sowie den richtigen Grad an Feuchtigkeit, die von einer natürlichen Quelle gespeist und in die Gewölbe geleitet wird – die besten Bedingungen für die hohen Ansprüche seiner Schützlinge. Die Grundcharakteristik der Käse ist beständig. Aber schon die ersten Einflüsse auf die Milch, wie das Gras, das die Montébeliardkühe fressen, das Wetter bis hin zur Verarbeitung der Rohlinge bestimmen, wohin die Reise geht. Ein Zusammenspiel aus Natur, Handwerk und Wissen.

Seit meinen ersten Ausbildungsjahren war es mir ein großer Wunsch dieses Fort zu besichtigen, um zu sehen wie diese tradionellen Käsesorten fachmännisch affiniert werden und Monsieur Arnaud persönlich zu treffen um zu verstehen welche Motivation er hat, sich täglich mit Käse zu beschäftigen und sie zu einem einmaligen Produkt zu veredeln.
Nicht nur Käsefachleute finden hier Zugang zu der Idee wie man Tradition und Moderne des Käsehandwerks vereint, in den Museumsräumen wird sehr gegenständlich und informativ die Verarbeitung der Milch zu Käse inszeniert.
Eine Anmeldung ist nötig um das Fort zu besichtigen, mehr Information hierzu:
http://www.lesrousses.com/fr/a-voir-a-faire/cultureet-patrimoine/caves-daffinage-comte.html (auch auf deutsch)

Um die Militäranlage befindet sich ein kleiner Wanderweg der die Historie der ganzen Anlage beschreibt.

Im Ort gibt es eine Käserei mit einem kleinem Museum und Verkaufsladen, wo regionale Produkte gekauft werden können.
http://www.lesmontsdejoux.com/les-boutiques/la-fromagerie-des-rousses

Am anderen Ortsrand gelangt man zu einem Restaurant, dass einen Schwerpunkt auf die Käseküche gelegt hat http://www.la-fruitiere.fr/

Sportbegeisterte finden hier ein Gebiet, dass ihnen neben dem ganzem Käse noch andere Blickwinkel ermöglicht das Jura zu entdecken.
http://www.lesrousses.com/de/sehenswuerdigkeiten-u-aktivitaeten.html